Erfahrungsbericht Pepper

Wir haben es geschafft. Wir sind fürs erste sicher. Und das wichtigste: wir sind immer noch am Leben. Irgendwie. Vielleicht weil wir müssen. Vielleicht wegen allen, die uns geholfen haben. Vielleicht auch weil wir als Gruppe mehr zusammengehalten haben, denn je.

Wir haben schon Lenny verloren, wir können - nein wir dürfen niemanden mehr verlieren. Fast wäre es passiert. Keiner von uns hat den Ghul gesehen, der plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen kam, direkt auf Shell zu. Und was hab ich getan? Ich stand nur tatenlos nebendran und hab zugesehen. Ich war gelähmt vor Angst und Schock. Das mit Lenny sitzt so tief. Ich sehe immer noch vor meinen Augen, wie er vom Ghul zerrissen wird, spüre die Hände, die mich wegzerren, höre die dumpfen Stimmen, die mich anschreien, mich aufwecken wollen. Ich fühle mich so schuldig. Ich will doch helfen und keine Last sein... Wieder hatte ich versagt.

Auf dem Bazar tat sich dann schließlich eine Möglichkeit auf, dass auch ich helfen konnte. Die Shamrocks hatten Eva! Versklavt, aber am Leben. Sogar die Setzlinge hatte sie noch bei sich, die sie damals aus dem Bunker mitgehen hat lassen, auch wenn es dem einen nicht mehr so gut ging. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich sie erkannte. Hätte niemals gedacht, dass sie noch lebt.

Wir taten alles, um herauszufinden, wie wir sie befreien können. Ihr Preis war hoch. 180 Kronkorken. Ich selbst hatte grade mal 10. Und da waren auch andere Interessenten, die Eva haben wollten. Die Gesellschaft zum Beispiel, "die Fanatiker" wie ich sie insgeheim nannte. Mit ihnen schlossen wir einen Pakt: Sie sollen Eva kaufen, wir bekommen sie zurück und geben ihnen Kronkorken, Evas Setzlinge und eine unserer Pflanzengläser mit Photosynthesebeschleunigungsemitter (PBE).

Plötzlich kamen Gerüchte auf, dass die Soldaten von Justice den Bazar stürmen werden und alles platt machen werden. Scheinbar wollten die Sklaven kaufen, hatten aber nicht genug Geld - Kein Wunder, niemand wollte mehr Justice Schillinge haben. Und darüber waren sie wohl wütend. Die Riesenwaffe, die sie mit sich führten, versetzte alle nur noch
mehr in Angst und verstärkte die Befürchtung zunehmend. Allein, dass sie diese besitzen konnten wir nicht zulassen. Anfangs schien das, was sie sagten noch Sinn zu machen. Sicherheit hinter der Mauer, Schutz... Doch wie haben viel über sie gehört. Genug um ihnen so gut es ging aus dem Weg zu gehen.

Wir zogen in die Wastelands. Diesmal in Begleitung der Ghuljäger. Auch Drei schloss sich uns an. Ich bekam einige gute Tipps von Hunter und aus irgendeinem Grund fing ich an den Leuten zu vertrauen. Ich fühlte mich irgendwie sicher.
Wir entdeckten einen alten Bunker. Verstrahlt. Wir hatten nur zwei Dosen Nalo weshalb ich nicht mit rein konnte. Ich musste zusehen, wie Apple, Shell und Drei, der selbst auch eine Dosis hatte, darin verschwanden. Scheinbar war schon jemand vor uns dort gewesen. Sie berichteten von aufgebrochenen Türen und einer großen leeren Kiste. Was wohl
drin gewesen sein mag? An den Gesichtern der drei konnte ich Entsetzen und Grauen ablesen. Shell sagte zu mir, ich solle froh sein, das nicht gesehen zu haben. Anscheinend wurden da drin irgendwelche kranken Experimente an Menschen durchgeführt. Vielleicht ist der ganze blöde Mist hier entstanden. Der Grund, warum alles ist wie es ist. Apple, Shell und Drei hatten eine Kiste gefunden, in der einige sehr wertvolle Dinge waren. Nalo, ein Anti-Strahlen Infusionsbeutel, Schmerzmittel und Patronen. Bloß keinen in die Rucksäcke schauen lassen auf dem Bazar.

Dann kamen die Ghule. Wir stürmten auf die offene Fläche, stellten uns auf, mit dem Rücken zueinander, im Kreis.
Wir waren viele, die Ghule zu zweit. Sie schlichen um uns herum, wartend auf einen Moment, in dem sie zuschlagen können. Ihre Schreie bereiten mir Gänsehaut und ich muss gegen die lähmende Angst ankämpfen, die sich langsam wieder in mir ausbreitete. Ich musste stark sein, für Lenny.
Plötzlich deutete Hunter auf einen der Ghule. Behauptete, den am Vortag noch als Mensch auf dem Bazar gesehen zu haben. Er habe etwas von seiner Tochter gesprochen und Hunter beschrieb ihn als etwas verwirrt und einfältig. Und heute war er mehr Ghul als Mensch, aber doch nicht ganz Ghul. Sie versuchten tatsächlich mit ihm zu reden.
Doch es schien schon zu spät zu sein für den armen Kerl. Irgendwann beschlossen wir zurück ins Lager zu gehen. Wollten keinen Brick anlocken, oder noch mehr Ghule. 

Als wir uns gerade wieder dort versammelt hatten und die Beute untereinander aufteilten, kam die Gesellschaft aus dem Bazar. Vor sich hertreibend einen jungen Mann, der sich, wie es schien, mit letzter Kraft den Weg entlang schleppte. Dabei sangen sie etwas in einer fremden Sprache. Erst als die näher kamen, sah ich, dass sie dem Kerl die Kehle
durchgeschnitten hatten. Blutend und röchelnd kam er an uns vorbei. Ein entsetzlicher Anblick. Unsere Gespräche verstummten und einen kurzen Augenblick beobachteten wir das grauenvolle Szenario. Plötzlich sprang Hunter vor, riss den verletzten zu sich und schleifte ihn ins Lager. Gareth gab ihm sofort Deckung. Das Gesicht des Hohepriesters verzerrte sich vor Wut. Eine hitzige Diskussion entstand und wir erfuhren, dass der Kerl auf seinem letzten Weg zu Erich war oder so. Die letzte Segnung habe er erhalten und musste nun seinen Weg gehen. Krank. Einfach krank. Der Kerl starb noch dort auf dem Boden liegend neben Hunter. Die Gesellschaft gab sich letztendlich zufrieden damit, dass er so auch seinen Weg gegangen war. Den Toten wollten sie trotzdem nicht mehr haben. Wir begruben ihn schließlich. Dogger hatte ein großes Grab ausgehoben, Hunter ein Kreuz aus Ästen gebunden. Ich fand einen alten Reifen, den ich als Grabstein heran schaffte. Wir schwiegen alle und kehrten dann wieder ins Lager vom Tribe zurück.

Wir hörten, dass im Bazar sich die Lage zuspitzte. Alle versammelten sich, sowohl Justice, als auch wir und der Tonic Tribe, die Gesellschaft, die Shamrocks, die Pits - einfach alle. Jeder spürte, dass etwas los war und alles nur kurz
davor war total aus dem Ruder zu laufen.

Doch wir hatten einen Plan. Wir würden eine Bombe bauen und damit die Waffe von Justice zerstören. Das war Leechs Aufgabe. Gleichzeitig schafften wir es, mithilfe eines Mechanikers, Evas Sklavenhalsband zu entschärfen. Sie war frei!
Und ich konnte mich auch endlich bei ihr dafür bedanken, dass sie mir damals mit Don Antonio geholfen hatte, als wir noch im Bunker waren. So viel war passiert seit dem. Darüber, dass wir sie mit der Befreiungsaktion fast in die Luft gejagt hätten, wollte ich nicht so genau nachdenken. Auch die anderen waren frei, denn sie hatten Knüppel entführt und
ihr den Schlüssel abgenommen. Als die Auktion begann, war die Stimmung wie unter Strom. Alle waren angespannt, jeder erwartete das schlimmste. Panik kochte auch in mir hoch. 

Was wenn wir uns trennten?
Wenn jemandem von uns etwas zustößt?
Doch nichts passierte. Justice war nicht mal gekommen. Die Sklaven wurden trotzdem verkauft. Auch wenn Eva schon frei war - wir mussten den Schein wahren, damit sie nicht von jemand anderem gekauft wird. Doch die Gesellschaft hielt sich an den Pakt. War nicht leicht meine wertvollen Pflanzen abzugeben, für Leech bestimmt auch nicht. Und auch Eva sah aus, als würde sie am liebsten weinen. Sie musste ihr wertvollstes Gut abgeben, das was sie so sehr beschützt
hatte. Doch es war für ihre Freiheit.


Drei hatte die Bombe, warf sie - doch irgendwas war schiefgelaufen. Der Plan war gescheitert. Wir flohen aus Angst, dass Justice Ärger macht. Die Tonics hatten Stress mit den Shamrocks, wegen der Sache mit Knüppel. Sie wollten also auch weg vom Bazar. Es herrschte ein großes Durcheinander, doch gemeinsam konnten wir uns durch die Wälder
schlagen, bis zu einigen leerstehenden Hütten. Endlich Sicherheit. Zumindest vorerst. Hier würden wir heute bleiben. Wir, die Ghuljäger - Hunter, Dogger, Rhino und Gareth - Drei und einige der befreiten Sklaven. Wer weiß für wie lange. Doch vorerst würden wir zusammenbleiben.

Überleben. Gemeinsam.